Rechtsanwalt in Kaliningrad
VERÖFFENTLICHUNGEN DR. DOMS
Rechtsanwalt und Notar Dr. Thomas Doms
in AnwBl 8 + 9/98, 431
Die verbreitete Zurückhaltung vor einer Tätigkeit als Rechtsanwalt in Rußland ist nicht begründet. Der russische Markt bietet gerade für den Anwalt vielfältige Möglichkeiten. Eine längerfristige Zielsetzung ist allerdings notwendig.
I. Der Zugang
Die Reise nach Kaliningrad ist mit dem Flugzeug rasch und problemlos, allerdings auch am teuersten. Für den ersten Aufenthalt genügt ein Touristenvisum. Später ist ein Dauervisum, jeweils gültig für ein Jahr, ohne größeren Aufwand zu erhalten. Mehrere Hotels mit durchschnittlichem Standard sind in Kaliningrad vorhanden. Es gibt einige Lokale mit internationaler Küche. Ebenfalls kommt auf seine Kosten, wer die gute russische Küche versuchen möchte. Die, durch teilweise reißerisch aufgemachte Zeitungsberichte über hohe Kriminalität in Rußland, hervorgerufene Sorge ist nicht begründet.' Die allgemeine Kriminalitätsrate ist statistisch niedriger als in Rußland.
Das Gebiet des Oblast Kaliningrad hat l Million Einwohner. In der Stadt selbst wohnen 300.000 Menschen. Die Stadt ist Sitz der Ostsee-Kriegsmarine der RF. Das gesamte Gebiet wurde bis zur Öffnung als geschlossenes Gebiet wie eine Militärbasis genutzt. Deshalb haben die Unternehmen oft einseitig produziert und unter den veränderten Bedingungen Schwierigkeiten zu überleben. Den Arbeitskräften, die im Militärbereich tätig waren, wird nachgesagt, daß sie disziplinierter und besser ausgebildet sind. Die genaue Zahl der Unternehmen mit deutscher Beteiligung ist nicht bekannt. In Kaliningrad befindet sich eine Außenstelle der Delegation der deutschen Wirtschaft in der RF und eine Außenstelle der Handelskammer Hamburg.2
Die monatlich erscheinende Zeitung „Königsberger Express" wird mittlerweile im 6. Jahr von jungen russischen Redakteuren in deutscher Sprache herausgegeben. Sie ist sehr informativ.
II. Die Arbeitsvoraussetzungen
1. Für die berufliche Tätigkeit auf russischem Boden sind mehrere staatliche Genehmigungen/Registrierungen erforderlich. Eine vorherige Aufnahme der Tätigkeit ist verboten.
a) Grundvoraussetzung ist eine Bescheinigung über die Registrierung als Unternehmer, der seine Tätigkeit ohne Gründung einer juristischen Person ausübt (Swidetelstwo). Als Tätigkeiten können angegeben werden .Juristische Dienstleistungen" und/oder „Konsulting".
Zuständig ist die Verwaltung der jeweiligen Stadt oder des (Kaliningrader) Stadtbezirkes, in welchem sich das (geplante) Büro befindet. Sie bleibt auch bei einer späteren Verlegung der Büroräume zuständig. Behilflich kann sein eine Sonderabteilung der Gebietsadministration für den Oblast Kaliningrad, das „Komitee zur Entwicklung der Sonderwirtschaftszone Jantar (= Bernstein)".
Der Antrag selbst ist formlos. Ein notariell beglaubigter Nachweis über die Zulassung als Rechtsanwalt und über die Existenz eines Anwaltsbüros in Deutschland, eine Auskunft über die finanziellen Verhältnisse sowie ein Lichtbild müssen beigefügt werden. Als Auskunft genügt eine allgemeine Erklärung der Hausbank, wonach geordnete wirtschaftliche Verhältnisse bestehen. Beglaubigungen deutscher Notare müssen mit einer Apostille legalisiert sein. Sämtliche Unterlagen müssen übersetzt und dann mit einem Bestätigungsvermerk des zuständigen russischen Generalkonsulates3 versehen werden.
Die Bescheinigung (Swidetelstwo) muß bei der Steuerbehörde und beim Rentenfond registriert sein. Das zuständige Finanzamt erteilt die Steuernummer. Gegenüber dem Rentenfond genügt für Ausländer, ebenso wie gegenüber dem medizinischen Fond, die Erklärung, daß man keine Ansprüche geltend machen werde.
Der Bürostempel muß im Entwurf vorgelegt und genehmigt werden. Eine zusätzliche Genehmigung ist erforderlich, wenn bei der Bezeichnung des Büros die Begriffe „Rußland", „russisch" oder „Kaliningrad" verwendet werden.
Die Bescheinigung (Swidetelstwo) gilt zeitlich unbeschränkt.
b) Ausländische Rechtsanwälte benötigen eine Lizenz für die Erweisung von gebührenpflichtigen Diensten zum Recht des jeweiligen Heimatlandes (Lizenzia). Grundlage ist die Regierungsverordnung der Russischen Föderation (RF) vom 15.4.1995, Nr. 344.
Die Lizenz wird vom Justizministerium der RF in Moskau ausgestellt. Sie gilt für das gesamte russische Staatsgebiet. Inhaltlich beschränkt sich die Lizenz auf die Erteilung von Rechtsrat zum jeweiligen Heimatrecht des Antragstellers. Damit ist bei Rechtsanwälten aus den Ländern der EU das Recht der europäischen Gemeinschaft eingeschlossen.
Für den Antrag gibt es ein Formular. Beigefügt werden müssen jeweils in beglaubigter Ablichtung nebst Übersetzung das Diplom über die Hochschulausbildung und - bei deutschen Rechtsanwälten - der Nachweis über das bestandene 2. Staatsexamen, eine Kopie der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und ein Nachweis, daß man bereits mehr als 3 Jahre berufstätig ist. Außerdem muß eine notariell beglaubigte Ablichtung der Bescheinigung (Swidetelstwo) mit dem Vermerk der Steuerbehörde über die erfolgte Registrierung vorgelegt werden.
Die Lizenz wird für die Dauer von 3 Jahren erteilt und muß dann verlängert werden. Die Gebühr für die Lizenz beläuft sich auf den 3-fachen Betrag des Mindestlohnes.
c) Jeweils jährlich muß die Bestätigung der Migrationsbehörde (Podtwerschdenje) eingeholt werden, wonach man als Ausländer auf russischem Boden das Recht auf Erwerbstätigkeit im Umfang der erteilten Bescheinigung (Swidetelstwo) hat.
2. Wegen der inhaltlichen Beschränkung der Lizenz auf das jeweilige Heimatrecht empfiehlt es sich, mit dem Rechtsanwaltskollegium eine Vereinbarung über die Erweisung von gegenseitigen Diensten abzuschließen. Danach sollte bei Fragen zum russischen Recht ein Rechtsanwalt aus dem Kollegium hinzugezogen werden. Eine andere Möglichkeit besteht in der Zusammenarbeit mit einem der -wenigen - nicht dem Kollegium angehörenden Rechtsanwälte.
Über die Stellung und Tätigkeit der Rechtsanwaltskollegien soll - am Beispiel des Kollegiums für den Oblast Kaliningrad - in einem späteren Beitrag berichtet werden.
3. Geeignete Büroräume sind in Kaliningrad vorhanden. Die Zahlung der Miete kann in der jeweiligen Landeswährung auf ein (eigenes) Devisenkonto erfolgen. Von diesem Konto muß auf ein Rubelkonto transferiert werden. Von dort kann dann an den Vermieter überwiesen werden. Eine Bezahlung in Devisen ist nicht zulässig, auch wenn die Miete auf Fremdwährungsbasis (meistens US-Dollar oder DM) errechnet ist.
Ein Telefonanschluß kann rasch eingerichtet werden. Die Kosten dafür sind allerdings erheblich. Sie lagen 1995 bei umgerechnet ca. 1.500,00 DM für den Anschluß.
Büroeinrichtung, Geräte und Büromaterial können vor Ort eingekauft werden. Es gibt Firmen, die den Service von Geräten übernehmen.
4. Es ist nicht schwierig, motivierte Mitarbeiter zu finden, die deutsch und/oder englisch sprechen können. Die Bereitschaft, sich fehlende Kenntnisse anzueignen, ist groß.
Für die Arbeitsverträge gibt es Formulare.
Von seinem Bruttogehalt bezahlt ein Arbeitnehmer l % an den Rentenfond. Von dem um l % geminderten Bruttogehalt hat er 12% Einkommensteuer zu bezahlen. Der Arbeitgeber muß an zusätzlichen Leistungen insgesamt 51 % auf den Bruttolohn erbringen, und zwar an den Rentenfond 28%, die Sozialversicherung 5,4%, die medizinische Versorgung 3,6 %, den Beschäftigungsfond 2 %, an den Ausbildungsfond l % und l % Transportsteuer. Sämtliche Beträge sind - wie in Deutschland - vom Arbeitgeber abzuführen.
Noch bis 1996 wurde, wenn ein über dem staatlich festgesetzten Durchschnittseinkommen liegender Lohn bezahlt wurde, der Mehrbetrag dem Arbeitgeber als Gewinn angerechnet. Diese Beschränkung ist entfallen.
III. Die Rechtsgrundlagen
Das russische Recht befindet sich im Umbruch. Viele grundlegende, neue Gesetze sind ergangen, um den Übergang von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft zu ermöglichen. Selbstverständlich kann nicht erwartet werden, daß bereits ein komplexes Gesetzgebungswerk vorliegt, wie es etwa in den einzelnen Ländern der EU über lange Zeiträume hinweg entstanden ist.
1. Das am 1.1.1995 in Kraft getretene Zivilgesetzbuch verweist vielfach auf Spezialgesetze, die noch nicht erlassen sind. Außerdem besteht noch Regelungsbedarf in wichtigen Einzelfragen. Als Beispiel mag dienen, daß zwar die grundsätzlichen Vorschriften über die GmbH (russische Abkürzung: 000) im Zivilgesetzbuch enthalten sind. Ein die Einzelheiten regelndes GmbH-Gesetz fehlt aber noch. Deshalb ist gerade die Frage des Umgangs der persönlichen Haftung eines Gesellschafters oder eines für die Gesellschaft Handelnden nicht eindeutig geklärt. Die Regelungen über Grund und Boden nach dem Zivilgesetzbuch stehen unter dem Vorbehalt, daß zunächst ein neues Bodenrecht erlassen wird. Das ist bislang nicht geschehen. In diesem Zusammenhang die Antwort auf eine häufig gestellte Frage: Ein Erwerb von Grund und Boden durch Ausländer ist gemäß Artikel 5 des Föderalen Gesetzes über die Sonderwirtschaftszone im Kaliningrader Gebiet vom 22.1.1996 nicht zulässig. Es können aber Pachtverträge abgeschlossen werden. Möglich ist ferner der Erwerb einer Firma oder der Aktienmehrheit einer Firma, auch wenn diese Firma Grundeigentum hat. Landwirtschaftliche Flächen können gepachtet werden.
Ebenfalls befaßt sich der Beitrag nicht mit gesetzlichen Vorschriften, die in Deutschland mit Bezug auf die RF gelten. Die früheren vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik und der UdSSR sind von der RF übernommen worden (vgl. BGB1 II, 1992, 1016) . Zwischen Rußland und der Bundesrepublik Deutschland gilt ein Doppelbesteuerungsabkommen (BGB1. 1996, u, 2710).
2. Die besondere Lage des Oblast Kaliningrad hatte schon bald nach dem Wegfall des Eisernen Vorhanges zu Überlegungen geführt, wie man die geographischen Vorteile wirtschaftlich nutzen kann. Es entstand die Idee, wenn nicht eine Freihandelszone, so doch ein Gebiet mit Präferenzen einzurichten, Mittlerweile gibt es mehrere gesetzliche Regelungen, die für wirtschaftliche Betätigungen erhebliche Vorteile bieten gegenüber den sonstigen auf dem Gebiet der RF geltenden Vorschriften.
a) Der Vertrag über die Abgrenzung der Kompetenzen und Vollmachten zwischen den Organen der Staatsmacht der Russischen Föderation und den Organen der Staatsmacht des Kaliningrader Gebietes vom 12.1.1996.
Nach diesem Vertrag (Art. 4) können - kurz gesagt -Entscheidungskompetenzen von den Organen der Exekutive der RF in Moskau auf die entsprechenden Organe des Kaliningrader Gebietes übertragen werden.
In Art. 2 des Vertrages ist definiert, welche Waren als in der Sonderwirtschaftszone hergestellt gelten: Dies ist dann der Fall, wenn die Höhe der Wertschöpfung bei ihrer Be- oder Verarbeitung mindestens 30 % (bei Waren der Elektronik und komplizierter Haushaltstechnik mindestens 15%) beträgt und eine Änderung des Warencodes entsprechend der Zollklassifikation nach sich zieht.
Von Interesse ist in diesem Zusammenhang die Anordnung Nr. 263 - p/01 - 16/35 vom 27.5.1996, in welcher das Verfahren zur Herkunftsbestimmung für Waren aus dem Kaliningrader Gebiet und die Art und Weise der Dokumentation geregelt sind.
b) Das Föderale Gesetz über die Sonderwirtschaftszone im Kaliningrader Gebiet vom 22.1.1996.
Das Gesetz regelt, daß auf dem gesamten Gebiet des Oblast Kaliningrad - mit Ausnahme der militärischen Bereiche und der Industriezweige für Erdöl- und Erdgasförderung - besondere und gegenüber den sonstigen, für Rußland geltenden Vorschriften vorteilhafte Regelungen für Handel und Verkehr gelten. Zollvorteile und Abgabenbefreiungen werden eingeräumt für Einfuhr und Ausfuhr, aber auch für die Verbringung in das übrige Gebiet der RF oder in das Ausland von solchen Waren, die in der Sonderwirtschaftszone hergestellt wurden. Außerdem können nach diesem Gesetz russischen und ausländischen Investoren steuerliche Vergünstigungen gewährt werden.
c) Das Gesetz des Oblast Kaliningrad vom 27.4.1995 über die Förderung von Investitionen im Kaliningrader Gebiet.
Dieses von der Kaliningrader Duma erlassene Gesetz hat - soweit ersichtlich - bislang wenig Auswirkungen gehabt, weil es zu einer Zeit erlassen wurde, als die zukünftige Entwicklung völlig offen war. Eine Sonderwirtschaftszone war nämlich zunächst mit einem Erlaß des Präsidenten Jelzin eingerichtet worden. Dieser Erlaß ist im März 1995 aufgehoben worden. Erst durch das Föderale Gesetz vom 22.1.1996 war der Bestand der Sonderwirtschaftszone gesichert. Zudem könnte das Gesetz vom 27.4.1995 überholt sein durch das weitere Gesetz der Kaliningrader Duma vom 30.10.1997 über die lokalen Sonderwirtschaftszonen.
d) Das Gesetz des Oblast Kaliningrad über die freien lokalen Wirtschaftszonen im Kaliningrader Gebiet vom 30.10.1997, Nr. 36.
Nach diesem erst vor kurzem von der Kaliningrader Duma erlassenen Gesetz soll die Möglichkeit bestehen, einzelnen Firmen, Unternehmern, Betrieben und örtlichen Zonen einen Sonderstatus einzuräumen. Erfahrungen mit diesem Gesetz und seiner Anwendung gibt es noch nicht. Vielleicht lassen sich im Einzelfall die Ziele des Föderalen Gesetzes über die Sonderwirtschaftszone leichter erreichen, weil über einzelne, abgegrenzte Projekte und Investitionsvorhaben einfacher und rascher entschieden werden kann.
e) Die Verordnung der Regierung der russischen Föderation „Über das föderale Entwicklungsprogramm der Sonderwirtschaftszone im Gebiet Kaliningrad für die Jahre 1998 bis 2005" vom 29.9.1997, Nr. 1259.
Eines der wesentlichen Ziele des Programms ist es, die Sonderwirtschaftszone zu einem Handels- und Transportzentrum mit föderaler und internationaler Bedeutung zu entwickeln. Als eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Erfolg des Programms und damit den wirtschaftlichen Aufschwung des Gebietes wird die Schaffung von entsprechenden Rechtsgrandlagen bezeichnet. Dadurch sollen günstige Voraussetzungen für Handel und Transport geschaffen werden.
IV. Die Tätigkeit
Die Tätigkeit als Rechtsanwalt (oder auch als Firma) in dem anderen Rechtsraum Rußlands bedarf gründlicher Vorbereitung. Trotzdem sollte man möglichst bald beginnen, wenn man sich dafür entscheidet.
1. Bei der anwaltlichen Tätigkeit machen wir ähnliche Erfahrungen wie in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung in unserem Stendaler Büro. Viele Geschäfte werden begonnen, ohne die Voraussetzungen genau zu definieren und die Bedingungen schriftlich zu vereinbaren. Schon bei vergleichsweise geringen Schwierigkeiten ist deshalb eine häufige Folge der Totalverlust. Außerdem gab es damals in den neuen Ländern und gibt es heute in Kaliningrad eine leider nicht geringe Zahl von (russischen und ausländischen) unseriösen Geschäftsleuten, die in betrügerischer Absicht Geschäftsbeziehungen anbahnen und dann nach Erhalt von Geld oder Ware auf Nimmerwiedersehen verschwinden, ohne zu liefern oder zu bezahlen.
Erhebliche praktische Schwierigkeiten bereiten auch von der Sache her an sich eindeutige Fälle, etwa wenn statt Butter Margarine geliefert wird oder nach Anlieferung Mängel auftreten oder auch nur behauptet werden. Eigentliche Ursache solcher Schwierigkeiten ist häufig die mangelhafte Vorbereitung des Geschäftes. Dazu gehört insbesondere die genaue, schriftliche Festlegung der zu liefernden Qualität oder des technischen Standards der Ware.
Erst langsam wächst das Verständnis dafür, daß eine ins einzelne gehende, vorherige Festlegung der Vertragsbedingungen kein Mißtrauen gegenüber dem Vertragspartner darstellt, sondern für beide Seiten wichtig ist, falls es zu Schwierigkeiten oder Mißverständnissen bei der späteren Durchführung des Geschäftes kommt. Das vorherige Aushandeln solcher detaillierter, schriftlicher Verträge wäre im übrigen eine (weitere) Möglichkeit um bei den Geschäftspartnern die „Spreu vom Weizen" trennen zu können.
Das Aufgabenspektrum ist vielfältig und erfaßt alle anwaltlichen Tätigkeiten, wie sie in einer Allgemeinpraxis mit Schwerpunkt auf dem Zivilrecht anfallen. Eine Spezialisierung auf begrenzte Bereiche aus dem Wirtschaftsrecht dürfte derzeit noch nicht lohnend sein.
Es gibt in Kaliningrad ein Schiedsgericht. Dessen Zuständigkeit wird öfter vereinbart. Das Schiedsgericht entscheidet in der Regel innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes. Was allerdings noch aussteht ist die „Nagelprobe", nämlich die Vollstreckbarerklärung eines solchen Schiedsspruches im Ausland. Die gesetzlichen Voraussetzungen sind in Deutschland gegeben (§ 1044 ZPO). Zwischenstaatliche Vereinbarungen mit der RF bestehen. In den gängigen Kommentierungen zur ZPO ist ein Vergleichsfall allerdings nicht erwähnt. In den uns bekannt gewordenen Fällen scheiterte eine weitere Verfolgung stets an den hohen Kosten eines Verfahrens in Deutschland.
Ein erheblicher Teil der Schwierigkeiten mit der russischen Bürokratie dürfte darin begründet sein, daß die Umstellung auf die neuen Anforderungen im personellen und technischen Bereich aus verständlichen Gründen noch viele Jahre benötigen wird. Manchmal allerdings nehmen sich die russische und im Vergleich die deutsche Bürokratie „unterm Strich" nicht viel. Der Unterschied besteht dann nur noch darin, daß man die Bürokratie seines Heimatlandes kennt und mit deren Eigenheiten besser umzugehen weiß.
2. Die Begriffe „Sonderwirtschaftszone" und „Freihandelszone" haben zu vielen, in der Sache selbst meistens wenig fundierten Zeitungsberichten geführt, als ob (Schlagwort: „Hongkong an der Ostsee") eine geradezu explosionsartige Entwicklung zu erwarten sei. Diese Vorstellung war und ist falsch. Eine solche Entwicklung ist auch in Zukunft nicht zu erwarten. Erkennbar aber, und wesentlich wichtiger, sind eine stetige Fortentwicklung und schrittweise Verbesserungen im Oblast Kaliningrad.
Fußnoten
1 Die zum Teil dramatisch überspitze Darstellung in deutschen Medien wird von vielen Unternehmen als zunehmend investitionshemmend bewertet. Zum Beispiel wird Moskau von dort mit ihren Familien wohnenden Geschäftsleuten im Vergleich zu westlichen Großstädten als nicht unsicherer empfunden, wobei man aber grundsätzliche Verhaltensregeln wie in jeder Großstadt beachten sollte (Quelle: Jahresbericht 1997 des Verbandes der Deutschen Wirtschaft in der Russischen Förderation, Dezember 1997).
2 Anschrift: Pl. Pobedy 4, RF 236000 Kaliningrad, Leiter: Herr Stephan Stein.
3 Für den norddeutschen Bereich: Generalkonsulat der Russischen Föderation, Am Feenteich 20, 22085 Hamburg.